Es ist nicht so, dass wir nicht genügend Zeit hätten, oft nutzen wir sie nur nicht richtig
Anjas unglaubliche Leistung beim Mauerweglauf über 160km |
Veröffentlicht von Holm Große (holm) am 19.08.2015 |
Ich weiß nicht mehr, was mich inspiriert hat, aber diesen Traum mal den Mauerweg zu erlaufen manifestierte sich so derart, dass ich 2013 Holm fragt ob er mich dabei unterstützt. Am 15. Juni 1961 erklärte Walter Ulbricht "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten." In Anlehnung an dieses Zitat steht auf den Vereinsshirts der LG Mauerweg „Niemand hat die Absicht 100 Meilen zu laufen“. Jedenfalls hatte ich definitiv die Absicht, die 100 Meilen zu laufen. Gewidmet ist der Mauerweglauf in diesem Jahr Marienetta Jirkowsky. Sie wurde 1980 bei einem Fluchtversuch im Norden Berlins erschossen. Freitagabend ging es zur Startnummernausgabe, Pasta-Party und Briefing ins Ramada Hotel am Alexanderplatz. Beim Briefing wurde uns erklärt wie wir uns orientieren sollen, welche Ausrüstung Pflicht war und wie wir uns in verschiedenen Situationen verhalten sollen. Bei diesem Lauf wurde nichts abgesperrt, wir sollten also bei roter Ampel stehen bei Bahnübergängen natürlich auch.( Wenn wir das nicht taten war das ein grober Regelverstoß und konnten vom Rennen ausgeschlossen werden.) Pflicht Ausrüstung immer ein halber Liter Flüssigkeit , was wir( ich und meine Radbegleitung) im Nachhinein auch aus sehr gut empfanden. Nachts waren Warnweste und Stirnlampe Pflicht. Auch das war bei Nichteinhaltung Grund für Disqualifikation. Die Nacht vor dem Start konnte ich schlecht schlafen. Es war einfach zu warm. 4 Uhr gingen ich und meine Radbegleitung zum kostenlosen Frühstück ins Startareal (Friedrich Ludwig Jahn Stadion). Das konnten wir noch gehen, da das Stadion nur 500m weg von unserem Hotel war. Nun verging die Zeit bis zum Start sehr schnell. Ich war sowas von nervös, wie ich es an mir schon lange nicht erlebt hatte. Es ging also endlich los. Berlin war noch ruhig, die Läuferinnen noch beieinander, darüber war ich auch froh, denn ich hatte schon Angst, die Richtungspfeile die auf dem Weg aufgesprüht waren, zu übersehen. Ab km 18 durfte dann meine Rad Begleitung zu mir stoßen. Es gab drei Wechselpunkte. Wir bekamen zu unseren Startunterlagen Beutel dazu, die wir an den 3 Wechselpunkten stationieren konnten mit Wechsel Sachen und anderen Zubehör. Wir sind am 1.WP(Km33,93) angekommen und ab da waren es schon 30,5 Grad. Ich goß mir Wasser über den Kopf und hab etwas gegessen und bin weiter. Die Hitze(33 Grad) machte mir dann ab km 60 schon ganz schön schaffen. Angekommen am WP 2 (Km 71) bekam ich von meinen dort anwesenden Freunden die als Helfer am Verpflegungsstand anwesend waren, eine Jubelwelle. Dazu Getränke und Kuchen und Tipps für den weiteren Weg. An der magischen Hälfte bei km 80 gab es auch schon Malzbier, was ich so sehr mochte und mir genügend Energie lieferte für die weitern km.
Jetzt wollte ich unbedingt noch im hellen an den letzten WP ankommen. An diesem war meine Nachtausrüstung deponiert. Dort hatte ich endlich die 100km Marke überschritten und dachte mir „ jetzt nur noch 60km bis zum Ziel“ . Zu diesem Zeitpunkt konnte ich nicht laufen, nur schnellen Schrittes gehen. Ab km 119 hatte ich wieder genug Energie um schneller voran zu kommen. Darüber war ich froh aber auch erstaunt dass ich dazu noch fähig war. Da hatte ich meine erste Müdigkeitsphase überstanden, denn es war zwischen Mitternacht und 2 Uhr morgens. Bei km 125 stand ein Berliner Bär als Fotoobjekt. Natürlich musste ein Foto her. Ab hier war es weniger als eine Marathonlänge. Das hob meine Stimmung wieder. Obwohl ich den großen Motivationshänger nicht hatte. Also lief ich weiter bis km 136. Ab da konnte ich nicht mehr so richtig laufen und ging ab und an. Leider holte mich dann die Müdigkeit wieder ein und ging etwas torkelnd weiter. Meine Radbegleitung merkte dies und unterhielt sich mit mir und lenkte mich wieder gerade. Die km zwischen Verpflegungsstellen waren in der Regel zwischen 5 und 7 km auseinander. Allerdings hatte ich das Gefühl es waren 15km dazwischen. Als es endlich wieder hell wurde sind auch schon im für mich schlimmsten Stadtteil Berlins angekommen. In Kreuzberg waren es schrecklich, dieser Müll überall, die Jugendlichen stark betrunken .Sie lagen an den Bänken oder auch daneben. Wir wurden dumm angepöbelt. Dort wollte ich ganz schnell wieder weg. Es ist das schrecklichste Stück Mauerweg vom ganzen Lauf gewesen. (das war bei km 148) Die Vorfreude auf das Ziel wurde nun immer schöner, allerdings auch sehr Kräfte zerrend. Vom Laufschritt keine Spur mehr. Das Ende des Laufs war jetzt wirklich in greifbarer Nähe. Die letzten Km waren schrecklich. Es tat alles weh und ich und wollte einfach nicht mehr. Der Zieleinlauf (9 Uhr morgens)war einfach gigantisch und filmreif. Die letzten Meter im Stadion bekam Ich von einer Freundin das Lied „ one Moment in Time „ live gesungen bis zur Ziellinie. Das gesamte Stadion war dabei still und alle heulten inklusive ich und meine Radbegleitung. Dann klatschten und jubelten alle und ich war von dem ganzen so überwältigt und froh dass ich es kaum glaubte wirklich da zu sein, im Ziel nach 160,9km und 27,01 Stunden. Mein Resümee: ich bin mit mir und der Welt zufrieden und bin froh das Holm mich unterstütze um meinen Traum wahr werden zu lassen. Letztendlich gab sogar noch eine neue pBL in 24h. Dieser lag da bei 148km)
Zuletzt geändert am: 22.08.2015 um 21:16
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