Es ist nicht so, dass wir nicht genügend Zeit hätten, oft nutzen wir sie nur nicht richtig

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Ein Traum geht in Erfüllung. Alex bei der Challenge Roth

Veröffentlicht von Holm Große (holm) am 20.07.2016
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Meine erste Langdistanz Riiing, riiing, 03:30 Uhr. Du musst nicht klingeln, blöder Wecker! Hab ja ohnehin nicht geschlafen. Fünf Stunden Kopfkino sind endlich vorbei. Irgendwie kein guter Anfang für den großen Tag auf den ich seit November hintrainiert habe. Sei es drum, irgendwie Mut fassen und die letzten Sachen richten, Tattoos auf die Arme und ab zum Frühstück. Kurz vor halb sechs kommen Mario, Gerd und ich in der Wechselzone an. Gemeinsames Foto, abklatschen, Glück wünschen und schon trennen sich unsere Wege. Noch anderthalb Stunden bis zum Start. Genügend Zeit zur Vorbereitung. Also noch mal die Wege in der Wechselzone ablaufen und einprägen, die Sauberkeit der Dixies kontrollieren und vor allem die unvergleichliche Atmosphäre aufsaugen und genießen. Die Zweifel und Anspannung der Nacht verschwinden und machen Platz für Ungeduld und Vorfreude. Gänsehautfeeling pur. Einige Kanonenschläge später bin ich endlich im Wasser und der nächste Schuss gilt der Startgruppe 8. Los gehts. Zum Glück kein großes Gedränge, keine Tritte, keine Schläge und trotzdem habe ich auf den ersten 200 Metern größte Probleme einen ordentlichen Rhythmus zu finden. Also nach dem Hafen mal kurz Richtung Ufer gesteuert, Boden unter die Füße genommen und kurz durchgeatmet. Ein Schalter legt sich um, der Rhythmus erscheint zum Dienst und auf einmal ist alles gut. Die erste rote Badekappe wird eingesammelt, dann die Nächste, was schon die Wendeboje? Ja! Super! Halbdistanz, zweite Wende, es macht einfach nur Spaß. Nach 1h14min höre ich mich zum Helfer am Swim Exit irgendwas wie „Schade schon vorbei“ sagen und ab geht es zum Wechsel. Rauf aufs Rad, raus aus dem Hexenkessel und auf der Brücke schickt mich Jens Kafka mit dem vertrauten „Eehhh Du olle Zigge!“ auf die nächsten 180 Kilometer. Nun heißt es ordentlich Verpflegen, die Wattwerte im Blick behalten und vor allem warm werden. Thalmässing, super Stimmung, ein Engländer fragt mich wann denn der böse Berg kommt. Ja zum Glück schon in schnellen 11 Kilometern! Rein in die scharfe Kurve, noch mal links, jemand ruft meinen Namen und schon geht’s hoch. Die Begeisterung der Zuschauer ist grandios und ein Vorgeschmack auf Hilpoltstein. Denn auf einmal ist er da, der Solarer Berg. Die Mundwinkel klopfen bei den Ohren an, die Klatschballons der Zuschauer an meinem Rücken und das Adrenalin in der Blutbahn. Unfassbar was dort abgeht... So gestärkt geht es auf die zweite Radrunde, endlich wird es warm und der Powermeter zeigt bessere Werte. Nach 5h19min ist T2 erreicht und Dank der großartigen Helfer wird wirklich schnell gewechselt. Ohne Dixie-Kontrolle will ich jedoch lieber nicht auf die Laufstrecke gehen, also stehen am Ende fast fünf Minuten auf der Uhr. Lecker, also die Melone in der Wechselzone... Raus auf die Strecke und immer an Trainers und Rajkos Mantra denken: nur nicht überpacen! Fällt echt schwer, denn die Uhr zeigt 4:17 und die Beine sind erstaunlich locker. Also reiß ich mich am Riemen und leg die Bremse ein. Wirklich nicht einfach, aber bekanntlich lebensverlängernd. Nach ungefähr einem Kilometer kommt mir ein gewisser Herr Frodeno entgegen... Alle Mitreisenden feuern ihn ebenso an wie ich, und das Gefühl sagt es wird wohl klappen. Bei ihm und bei mir! Schon bin ich an der Lände, die Supporter auch, alles prima. Weltrekord gefallen, geil! Die Pace pegelt sich bei circa 4:50 ein und es kann ewig so weitergehen. Geht es natürlich nicht, denn ab Kilometer 23 wird es etwas zäh, die Pace steigt auf über 5min und erste Zweifel kommen auf. Bin ich es vielleicht doch zu schnell angegangen? Bloß nicht verrückt machen. Gel will nicht mehr in den Körper, also Umstieg auf Cola. Ab jetzt halte ich an den Verpflegungsstellen des Genießens wegen kurz an. In Eckersmühlen wird es echt hart. Was bedeutet das handgeschriebene Schild, Mass Age? Nee, mein Lieber die holst du Dir im Ziel! Wendepunkt, beißen, beißen, beißen! Das 30 km Schild kommt vorbei und plötzlich ist alles wieder gut. Heimwärts gehts, ich sehe eine 4:40 im Display und schon ist Roth erreicht. Jetzt noch den ollen Berg hoch, auf dem Marktplatz noch mal richtig anfeuern lassen und dann zurück in Richtung Finishline. Am Eingang des Zielkanals löst sich plötzlich jemand aus Menschenmenge und rennt einfach neben mir mit ins Stadion rein. Sieht mir doch verdammt nach meiner Tochter aus! Liebe Supporter, das habt ihr Euch schön ausgedacht! Der Blick wird wässrig, Ziel, Sprung, Schrei und nach 10h07min liege ich vor Glück heulend auf dem roten Teppich...

Zuletzt geändert am: 20.07.2016 um 22:02

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